Wie verändert sich die Leistung unseres Körpers bei Sauerstoffmangel, etwa beim Bergwandern in großer Höhe? Das untersuchen Wissenschaftler*innen an der Ruhr-Universität Bochum, obwohl sie gerade einmal 100 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Möglich macht das eine Höhenkammer.

Die Höhenkammer ist ein erstaunlich großer Raum, etwa 30 m2 groß, und erinnert an ein Arztzimmer: Gegenüber einer Reihe heller Holzschränke stehen ein Trimm-Dich-Rad (Profis sagen Fahrrad-Ergometer), ein Computer mit Messkabeln, um die Herzstromkurve aufzuzeichnen und ein Regal mit Nierenschalen, Desinfektionsspray und Tupfern. Von der Decke hängt ein Lüftungsrohr hinab, durch das Stickstoff-angereicherte Luft eingeleitet wird, sodass der Sauerstoffgehalt sinkt – so ähnlich wie in großer Höhe. Für meinen Selbstversuch haben die Doktoranden Maresa Fisch und Till Krusche die Sauerstoffkonzentration auf 13% eingestellt, das ähnelt dem Sauerstoffgehalt in 4000 Metern Höhe. In der Mitte des Raumes haben sie einen Stepper aufgebaut, eine kniehohe Stufe aus Kunststoff, denn das Höhentraining, das sie untersuchen wollen, besteht darin, diese Stufe in einem vorgegebenen Takt auf und ab zu steigen – sozusagen Bergwandern im Labor. Ihr Ziel ist es zu erforschen, wie sich Sauerstoffmangel auf die Leistung des Körpers auswirkt, konkret bei dieser Art von Bewegung.

Dazu schließen sie mich an das EKG-Gerät an, um meinen Puls nachzuverfolgen, außerdem setzen sie mir eine Silikonmaske auf Mund und Nase, durch die sie die Menge an eingeatmetem Sauerstoff und ausgeatmetem Kohlenstoffdioxid messen. Nach jeder Belastungseinheit von 5 Minuten nimmt Ärztin Maresa Fisch außerdem eine Blutprobe aus dem Ohrläppchen, um die Laktatkonzentration im Blut zu bestimmen, anhand derer Sportwissenschaftler bewerten können, wie gut ausdauertrainiert ein Sportler ist und wie stark er sich belasten kann, ohne die Muskeln zu übersäuern: Je höher die Belastung wird, desto stärker steigt die Laktatkonzentration.

Für den Versuch soll ich bei einem immer schnelleren Takt bis zur Ausbelastung, das heißt bis zu meiner Leistungsgrenze, steppen.

Nach der fünften Runde ist Schluss: Bei einem Takt von 132 Schlägen (und das heißt: Schritten) pro Minute schaffe ich es in der dünnen Luft kaum noch, schnell genug auf die Stufe und wieder hinunterzusteigen und dabei meine Knie richtig durchzudrücken. Ich bin nassgeschwitzt und schnappe nach Luft, der Bildschirm zeigt einen Puls von 186 – die Leistungsgrenze ist erreicht, und damit das Ende des Versuchs. Auf Meeresniveau hätte ich noch zwei Runden mehr geschafft, in der Höhe nimmt die Maximalleistung jedoch um etwa 10% pro 1000 Höhenmeter ab.

Für mich ist jetzt Schluss; andere Probanden in der Studie der Bochumer Wissenschaftler jedoch müssen den Test mehrere Male in verschiedenen Luftzusammensetzungen wiederholen (aber das sind auch Sportstudenten); die Forscher interessieren sich für die Auswirkungen von dünner Bergluft in verschiedenen Höhen. Sie wollen mit ihren Untersuchungen nicht nur herausfinden, wie sich Höhenluft auf Leistung auswirkt, sondern auch spezifische Trainingsempfehlungen für Bergwanderer geben können. Für Sportarten wie Fahrradfahren oder Joggen gibt es solche Empfehlungen, die auf Laktatwerten und Belastungsgrenzen basieren, bereits.

29.10.2015
BR 2, NDR Info, SWR 2, WDR 5
Die Durchblicker – Wissensreportagen von der Ostsee bis zum Bodensee
Bild: Aeneas Rooch